Heilung in Afrika

Veröffentlicht am | Donnerstag, den 15.01.09 | Christoph Schlingensief

Und hier in Kamerun, in dieser Klinik, die Erlösung verspricht für ziemlich viel Geld, da kommen all diese Ärsche hin, die sagen: Ich hab dieses Jahr wieder zwei Nullen am Konto verloren, jetzt muss ich mich streicheln lassen, erholen lassen, da fahren erst mal alle hin, weil sie entgiften wollen. Das ist dann mit Einläufen, also Sesamöl haben alle gemacht, da müssen dann alle Windeln tragen. Und das ist natürlich so absurd, weil da sitzen beim Abendessen alle in ihrem schicken Zeug rum und du weißt genau, du hast ne Windel am Arsch. Du weißt, da hinten tropfts bei jedem, obwohls keiner ausspricht. Und dann gibt’s nur heißes Wasser, und dann fragen die auch noch: Was wollen Sie denn trinken? – und dann sagt man: Ach ja, ich nehme ein heißes Wasser. Du hast morgens schon vor der Tür drei Kannen heißes Wasser, zwei, eine für sie, eine für mich, und die dritte ein Abführtee für sie. Weil sie abführen sollte. Ich hab dann auch aufgehört nach vier Tagen, weil ich nur noch wackelte, das ging gar nicht. 85 % Luftfeuchtigkeit und 40 Grad Hitze. Bin noch mehr abgemagert. Wir haben hier diesen afrikanischen Voodoo- Arzt, der behauptet, er kann was, was andere nicht können, er bezieht das aus Ayurveda aus Afrika, das ist seine Idee, er hat ne Frau, die auch grauenhaft ist, er hat in seiner Wohnung auf dem Anstaltsgelände eine dickedicke fette Frau wahrscheinlich, die er immer wieder füttert mit speziellen Sachen, damit er aus ihr Sesamöl pressen kann. Er selber ist am Abend wieder dran zur Überraschung Querflöte spielend, seine Frau singt dazu, dann macht er Atemtherapie, da musste man immer “Ja, ich bin” sagen, alle Typen, die da saßen, mussten immer “Ja, ich bin!” rufen. – Ich will das nicht ulkig machen, ich finde das gerade dann interessant, wenn es verbissen ernst kommt. Wirklich diese Erlösung, diese Gespräche, und dann kriegt man da bei ihm die Therapie und dann wird man therapiert, das sind dann meist Leute aus dem Kosovo, jedenfalls bei mir, die sind da vor zehn Jahren abgehauen aus dem Kosovo, da weiß man auch, was die vorher gemacht haben.

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